Wie schön sind eigentlich die Niederlande? Wir sind jedenfalls ganz begeistert, was Land und Leute alles zu bieten haben. Deshalb nehmen wir Sie mit auf einen kleinen Trip zu unseren Nachbarn und verraten, wie Sie sich den weltoffenen, lockeren Lebensstil nach Hause holen.
Von wegen kleines Nachbarland: Mit rund 42 000 Quadratkilometer Fläche und knapp 18 Millionen Einwohnern sind die Niederlande tatsächlich das am dichtesten besiedelte Land Europas – und seine Bewohner zählen zu den größten Menschen der Welt. Unterwegs sind sie nicht nur auf großem Fuß, sondern auch per Rad – von denen es Schätzungen zufolge zweimal so viele wie Einwohner gibt. Foodies, Familien, Naturfreunde und Kulturfans werden bei einem Urlaub in den Niederlanden gleichermaßen glücklich und finden einiges an Abwechslung – von der ländlichen Windmühlen-Idylle über eine frische Meeresbrise, bunte Blumenteppiche im Frühjahr bis zu Großstädten mit breit gefächerter Kulturszene, In-Kneipen und Sternerestaurants. Verteilt auf zwölf Provinzen finden sich berühmte Wahrzeichen ebenso wie Geheimtipps, die wir Ihnen auf den nächsten Seiten vorstellen.
Ein paar Eckdaten zu Land und Leuten kennen wir nun also. Aber wie sind sie denn so drauf, die Niederländer? Und womit verbringen sie ihre Freizeit? Pauschal ist das unmöglich zu beantworten; wir Deutschen sind schließlich auch ganz schön unterschiedlich. Doch es gibt gewisse Charakterzüge und Vorlieben, die zumindest für einen großen Teil einer Nation zutreffen, und auch einige Gerüchte und Klischees halten sich hartnäckig. Stimmt es beispielsweise, dass es in den Niederlanden selten Gardinen gibt? Tatsächlich lassen viele Menschen tief blicken, wenn es um die Fenster zur eigenen Wohnung geht. Spaziergänger erhaschen da schnell mal einen Blick ins Wohnzimmer, wo gerade ein Spieleabend im Gange ist, oder in Küchen, wo jemand das Mittagessen zubereitet. Vor allem unter Deutschen hält sich hartnäckig das Gerücht, dass der Grund dafür eine frühere Gardinensteuer gewesen sei. Doch das ist nichts als ein Märchen! Lässt sich die Präferenz für freie Sicht vielleicht eher dadurch erklären, dass viele Niederländer sich einfach gern offen zeigen und einen ausgeprägten Sinn für Inneneinrichtung haben? Vielleicht wollen sie den anderen zeigen, wie gemütlich sie so leben, und lassen sich gleichzeitig gern bei anderen inspirieren. Niederländer pflegen also einen weltoffenen Lebensstil, sind stolz auf ihr Königshaus und zudem äußerst freiheitsliebend – sowie unsere Vorbilder im Niksen. Bei dem für uns recht neuen Trend geht es um nichts anderes als Achtsamkeit, oder genauer: Nichtstun. Wie das Niksen aussehen kann und wofür die „vergessene Kunst“ eigentlich gut sein soll, erfahren Sie hier bei uns!
Natur pur! Die größte der niederländischen Watteninseln mit ihren sieben Dörfern ist berühmt für ihren über 30 Kilometer langen Sandstrand, einmalige Naturgebiete und die besondere Tier- und Pflanzenwelt. Dort findet sich unter anderem das einzige Gebiet der Niederlande, in dem die Nordsee nicht abgehalten wird und regelmäßig das Land überschwemmt. Das Ergebnis sind Salzwiesen voller lila blühendem Strandflieder, wilde Orchideen und die größte Löffelreiher-Kolonie der Niederlande. Aber auch Robben, Seehunde, Schweinswale und natürlich unzählige Schafe sind auf und vor der Insel heimisch. Wer es lieber kulinarisch mag, der findet Bier, Schokolade, Eis, Juttertje-Likör und Käse, die alle direkt auf der Insel hergestellt werden.
Lust auf Strandurlaub? Der direkt am Meer gelegene Vorort von Zandvoort ist eine der beliebtesten Küstenstädte des Landes und bietet vor allem eins: Strand, Strand, Strand. Und das für jeden Geschmack. In verschiedenen Gebieten kann man je nach Wunsch einfach nur relaxen, Partys feiern, Nacktbaden oder mit den Vierbeinern am Hundestrand toben. Im nahe gelegenen Nationalpark Zuid-Kennemerland warten Wildtiere darauf, besucht zu werden, und die Dünenlandschaft ist purer Urlaub fürs Auge. Wer sich dann doch mal nach Großstadt sehnt, ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln schnell in Zandvoort, Haarlem oder Amsterdam.
Darf es ein bisschen alternativer sein? In der Stadt mit dem größten Hafen Europas werden Trends und hippe Kunst geschaffen. Außerdem schlägt hier das Herz der niederländischen Architektur: Die Skyline der Stadt verändert sich ständig – kein Wunder also, dass sich hier neben futuristischen Gebäuden auch das Witte Huis, Europas erster Wolkenkratzer, befindet. Die Hafenatmosphäre und der Duft der weiten Welt lassen sich in unzähligen Cafés und Restaurants mit internationaler Küche genießen. Zudem können Sie mit einem Spido-Boot den riesigen Hafen aus den verschiedensten Perspektiven erkunden.
Sie möchten keinen Großstadttrubel, aber auch keine Landidylle? Dann sind Sie im gemütlichen Breda genau richtig. Die Stadt im Süden des Landes bietet historische Bauwerke, aber auch viele moderne Bars und Restaurants für Feinschmecker. Die zahlreichen Geschäfte, Flohmärkte sowie Secondhandshops laden zum entspannten Shoppen ein und sind außerdem von Wasser und Grünanlagen geradezu umzingelt – ein ganz besonderes Flair. Die Nähe zur belgischen Grenze macht außerdem einen Tagestrip ins Nachbarland möglich.
Mittendrin statt nur dabei! Utrecht liegt im Herzen der Niederlande und so fühlt es sich auch an. Die Innenstadt um den Dom ist zwar verkehrsberuhigt – das gilt aber nicht für Fahrräder. Denn hier befindet sich das größte Fahrradparkhaus der Welt, mit 12.500 Stellplätzen auf drei Etagen. Die historische Stadt hat viele Sehenswürdigkeiten zu bieten (zum Beispiel den Lapjesmarkt, den größten und ältesten Stoffmarkt der Niederlande), ist aber als Universitätsstandort jung und am Puls der Zeit geblieben. Utrecht ist so überschaubar, dass man sich nicht verläuft, aber gleichzeitig so vielfältig, dass man sich tagelang treiben lassen kann – und das nicht nur auf den malerischen Grachten. Die perfekte Alternative zu Amsterdam.
Niederländisch weist viele Ähnlichkeiten mit dem Deutschen auf – beides sind germanische Sprachen, die sich ab dem siebten Jahrhundert unterschiedlich entwickelt haben. Selbst ganz ohne Niederländisch-Kenntnisse verstehen wir manche Wörter, Aussagen und Sätze, da viele Vokabeln ähnlich oder sogar gleich klingen oder geschrieben werden. Doch Vorsicht: Es gibt einige gleich scheinende Wörter, die jedoch unterschiedliche Bedeutung haben (de zee = das Meer, het meer = der See).
goedemorgen/goededag/
goedeavond – Guten Morgen/Tag/Abend
hey/hallo – Hallo
dankjewel – Vielen Dank
lentekriebels – Frühlingsgefühle
ik mag je – Ich mag dich
lief – süß, niedlich
knuffelen – kuscheln
slaap lekker – Schlaf gut
eet smakelijk – Guten Appetit
fietsen – Fahrrad fahren
paashaas – Osterhase
Praktisch für Urlauber: Sie können sich Räder aller Art unkompliziert vor Ort leihen. Auf der landesweit flachen Ebene vereinen sich rund 35 000 Kilometer Radweg zu einem gut ausgebauten Wegenetz, das einen ruckzuck zu den schönsten Orten bringt. Am besten orientiert man sich an den weißen Schildern mit roter oder grüner Schrift, welche die schönsten oder schnellsten Wege zu beliebten Orten und Sehenswürdigkeiten aufzeigen. Genächtigt wird meist in Hotels, Ferienhäusern (vor allem am Meer) oder auf Campingplätzen, aber auch Übernachtungen der besonderen Art sind ziemlich beliebt – so zum Beispiel in einem Hafenkran.
Es gibt Klischees, die als gesetzt gelten: etwa, dass es nirgendwo auf der Welt mehr Wohnwagen und Wohnmobile gibt als in den Niederlanden. Wer das noch nie hinterfragt hat, schnallt sich für das Folgende vielleicht besser an, denn andere sind längst auf der Überholspur: Schweden ist nämlich das Land mit den meisten Wohnwagen pro Einwohner. In Deutschland setzen ebenfalls immer mehr Menschen auf die fahrbaren Ferienunterkünfte: Im Jahr 2020 gab es ganze 78 000 Neuzulassungen für Wohnmobile und 29 000 für Wohnwagen, während es in den Niederlanden nur knapp 2 500 Neuzulassungen für Wohnmobile und 6 900 für Wohnwagen waren. Umgerechnet auf die Einwohnerzahl sind die Unterschiede marginal, doch in Deutschland wächst der Markt besonders rasant: So wurden 2020 knapp 45 Prozent mehr Wohnmobile neu zugelassen als im Vorjahr.
Man kann es nicht anders sagen: Den Niederländern hat die Welt viel zu verdanken. Das Seefahrervolk hat viele unbekannte Teile der Weltmeere entdeckt; sie waren zum Beispiel die ersten Europäer, die im 16./17. Jahrhundert Australien betraten. Auch viele Kolonien nannte das Land sein Eigen: Die Karibikinseln Bonaire, Sint Eustatis und Saba gehören noch heute zum Königreich, in zahlreichen weiteren Ländern spricht man Niederländisch oder eine verwandte Sprache. Doch nicht nur auf Weltreisen haben unsere Nachbarn trotz großem Traditionsbewusstsein immer wieder Mut für Neues bewiesen. Neben weltberühmten Künstlern wie Rembrandt, van Gogh oder Vermeer stehen auch Architektur, Mode, Musik und Design für einen innovativen Stil, der sich stetig neu erfindet und weltweiten Einfluss nimmt. Bestes Beispiel dafür ist das Dutch Design: eine Mischung aus zurückhaltender Ästhetik und leichtem, verspieltem Humor, der ein Lächeln entlockt. Modernes Dutch Design ist außerdem oft nachhaltig, indem es auf die Wiederverwendung von Gegenständen und Materialien setzt. Gedacht ist der Stil jedoch für jeden und daher auch überall zu finden: in Architektur, Möbeln, Haushaltswaren und Kunst. Sie können ihm also auf der Straße begegnen, im privaten Umfeld oder im Museum, zum Beispiel im Stedelijk Museum in Amsterdam. Zu guter Letzt setzten die Niederlande auch politisch immer wieder neue Maßstäbe, so zum Beispiel bei der Legalisierung von Marihuana oder als erstes Land der Welt, das 2001 die Homo-Ehe einführte.
Die größten Windmühlen der Welt stehen natürlich in den Niederlanden: Im Süden des Landes sind sie bis zu 33 Meter hoch.
Durchschnittlich werden jährlich in den Niederlanden rund 14 Kilogramm Käse pro Kopf verspeist.
Frau Antje, die Niederlande-Ikone schlechthin, wurde in Deutschland erfunden und ist eine Werbefigur aus den 60er-Jahren.
Die Hauptstadt Amsterdam zählt nur knapp 873 000 Einwohner, besitzt aber 1 200 Brücken – und damit mehr als Venedig.
Mit durchschnittlich 1,82 Metern leben in den Niederlanden die weltweit größten Männer. Die Frauen stehen mit im Schnitt 1,69 Metern auf dem zweiten Platz nach Lettland.
Amsterdam für Architekturliebhaber: Die „Tanzenden Häuser“ sind das am häufigsten fotografierte Motiv der Hauptstadt. Außerdem befindet sich dort das kleinste Haus Europas, das nur knapp zwei Meter breit ist.
Als ich mein Buch geschrieben habe, dachte ich an erster Stelle überwiegend an Frauen, die von Arbeit und Privatleben überwältigt sind. Also Frauen wie ich. Aber auch Männer fühlen sich oft gestresst und überfordert. Deshalb richte ich „Niksen“ an alle, die lernen möchten, wie man nichts tut. Und an alle, die Interesse an anderen Ländern und Traditionen haben oder die einfach mal ein Wellness-Buch lesen wollen, das nichts von ihnen verlangt.
Nichtstun ist eigentlich auf der ganzen Welt vorhanden. Die Italiener haben zum Beispiel dolce far niente (das süße Nichtstun), was so ähnlich ist wie Niksen. Was aber am Niksen typisch niederländisch ist: das Wort selbst. Auf Niederländisch kann man fast aus allen Worten ein Verb machen. Also: Tennis spielen ist da „tennisen“. Mit Bankkarte bezahlen ist „pinnen“ (weil man ja die PIN eingeben muss). Niksen passt da super rein. Es klingt praktisch und das ist es auch.
Beim Niksen geht es gar nicht um Selbstoptimierung – wie jeden Morgen 30 Minuten für eine Morgenroutine einzuplanen, nur weil andere das machen – oder um die Erreichung eines Ziels, zum Beispiel jeden Tag 10 000 Schritte zu laufen. Es geht um Pausen von allen möglichen Ansprüchen. Außderm liegt der Fokus im Gegensatz zu vielen anderen Wellness-Trends nicht allein auf der persönlichen Verantwortung für das eigene Glück, sondern berücksichtigt auch die Umstände. Wenn unser Chef verlangt, dass wir ständig arbeiten oder erreichbar sind, wird es schwieriger für uns, nichts zu tun – aber nicht so schwer umzusetzen wie ein weiteres Selbstoptimierungs-Projekt.
Auf keinen Fall diese Schuldgefühle verleugnen. Nicht sagen: Ich sollte mich doch nicht schuldig fühlen, Niksen ist ja so gut für mich. Das führt zu weiteren Schuldgefühlen. Laut Produktivitätsexperte Chris Bailey entwickeln wir Schuldgefühle, wenn unser Tun nicht mit unseren Normen und Werten übereinstimmt. Wir schätzen es, sehr gute Arbeit zu leisten, aber wir können es lernen, Ruhe, Entspannung und Nichtstun ebenso wertzuschätzen. Denn wir brauchen einfach Pausen!
Wer gerne plant, kann Niksen-Pausen im Kalender aufschreiben: zum Beispiel nach dem Besuch beim Arzt oder vor der großen Konferenz. Was im Kalender steht, wird auch wahrgenommen. Wer lieber keine Termine festlegen will, kann auch im Alltag Niksen-Pausen finden. Bei mir ist es das Zugfahren: Da gucke ich aus dem Fenster und beobachte, wie sich die Landschaft verändert. Und ganz wichtig: Nicht jeder muss nichts tun und das ist in Ordnung! Für manche Leute würde zum Beispiel Stricken oder Häkeln mehr Sinn machen. Wenn man es probieren möchte, muss es keine große Sache sein. Ein paar Minuten hier und da reichen völlig aus – egal ob auf dem Sofa, im Zug oder in der Natur.
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